Neurogene Fußfehlstellungen
Herausforderungen für Orthopädie und Neurologie
Neurogene Fußfehlstellungen entstehen durch Störungen der Nerven, die für die Steuerung der Fuß- und Beinmuskulatur zuständig sind. Die Fachärztinnen und Fachärzte der Schön Klinik verfügen über umfangreiche Erfahrung im Umgang mit diesen komplexen Krankheitsbildern, deren Auswirkungen von leichten funktionellen Einschränkungen bis hin zu schwerwiegenden Deformationen reichen können. Diese können die Mobilität und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Durch ein tiefgreifendes Verständnis der Ursachen, eine präzise Diagnostik sowie individuell angepasste Behandlungsstrategien stellen die Spezialistinnen und Spezialisten der Schön Klinik sicher, dass Patientinnen und Patienten optimal versorgt werden.
Ursachen & Symptome
Ursachen neurologischer FußfehlstellungenDie Entwicklung einer neurologisch bedingten Fußfehlstellung ist primär auf eine gestörte Nervenfunktion oder eine Erkrankung des Nervensystems zurückzuführen. Dies kann zu einem Ungleichgewicht in der Muskelkraft führen, beispielsweise durch Lähmungen (Paresen) oder unkontrollierte Muskelverkrampfungen (Spastiken). Die betroffenen Muskeln ziehen den Fuß in eine unnatürliche Position; bei längerem Bestehen können sich die knöchernen Strukturen dauerhaft verändern.
Zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen, die eine Fußfehlstellung verursachen können, zählen:
- Hereditäre motorisch-sensible Neuropathie (HSMN): Eine genetisch bedingte Erkrankungsgruppe, bei der Schädigungen der peripheren Nerven zu Muskelschwäche, Gefühlsstörungen und fortschreitenden Bewegungseinschränkungen führen können.
- Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung (CMT): Eine Gruppe erblicher neuromuskulärer Erkrankungen, die die peripheren Nerven betreffen und häufig zu Hohlfuß sowie Krallen- oder Hammerzehen führen.
- Schlaganfall: Eine Schädigung des Gehirns, die zu Lähmungen oder Spastiken auf der betroffenen Körperseite führen kann, was sich im Fuß oft als Spitzfuß manifestiert.
- Multiple Sklerose (MS): Eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die diverse neurologische Symptome, einschließlich Muskelschwäche und Spastik, hervorrufen kann.
- Zerebralparese (CP): Eine Bewegungsstörung, die durch eine frühkindliche Hirnschädigung verursacht wird und oft mit Spastiken und daraus resultierenden Fehlstellungen wie dem Spitzfuß einhergeht.
- Spina bifida: Eine angeborene Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks, die je nach Ausprägung Nervenschäden und Lähmungen der Beinmuskulatur zur Folge haben kann.
- Poliomyelitis (Kinderlähmung): Eine virale Erkrankung, die zu schlaffen Lähmungen führen und langfristig Fehlstellungen wie den Klumpfuß oder Spitzfuß verursachen kann.
- Bandscheibenvorfälle oder spinale Stenosen: Kompressionen von Nervenwurzeln im Bereich der Wirbelsäule können zu Muskelschwächen oder Lähmungen im Bein und Fuß führen.
- Diabetische Neuropathie: Eine Nervenschädigung infolge von Diabetes, die insbesondere im fortgeschrittenen Stadium zum sogenannten Charcot-Fuß, einer schweren Schädigung der Fußknochen und Gelenke, führen kann.
Diese Erkrankungen beeinträchtigen die normale Funktion der Nerven, die für die Sensibilität, Motorik und Koordination des Fußes verantwortlich sind. Das dadurch entstehende Ungleichgewicht der Muskelaktivität oder der Verlust der stabilisierenden Muskelfunktion begünstigt Entwicklung und Fortschreiten der Fehlstellung.

Neurogene Ursachen können verschiedene Fußfehlstellungen hervorrufen, die sich in Form und Auswirkungen unterscheiden:
- Hohlfuß (Pes cavus): Das Längsgewölbe ist übermäßig stark ausgeprägt, der Fuß liegt nur an Ferse und Vorfuß auf. Häufig treten begleitend Krallen- oder Hammerzehen auf, wie sie oft bei der Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung beobachtet werden.
- Spitzfuß (Pes equinus): Die Ferse kann nicht oder nur unzureichend aufgesetzt werden, der Fuß verbleibt dauerhaft in einer fußsohlenwärtigen Beugung. Dies ist häufig eine Folge von Spastik, zum Beispiel nach einem Schlaganfall oder bei Zerebralparese.
- Klumpfuß (Pes equinovarus): Der Fuß ist komplex fehlgestellt, nach innen gedreht, das Längsgewölbe überhöht und die Ferse angehoben. Während der Klumpfuß meist angeboren ist, kann er auch sekundär durch neurologische Schäden, zum Beispiel bei Spina bifida, entstehen.
- Senkfuß und Plattfuß (Pes planus / Pes planovalgus): Anders als beim Hohlfuß ist das Längsgewölbe abgeflacht (Senkfuß) oder die gesamte Fußsohle liegt auf (Plattfuß). Die „planusvalgus“-Stellung beschreibt zusätzlich eine Fehlstellung des Fersenbeins nach außen (Valgusstellung). Diese Formen können auch durch Nervenschäden entstehen, wenn die stabilisierenden Muskeln geschwächt sind. Schmerzen beim Knick-Senkfuß treten häufig im Bereich des inneren Fußrandes, der Ferse oder des Sprunggelenks auf.
Die Symptome neurogener Fußfehlstellungen sind vielfältig und hängen von der spezifischen Fehlform sowie der zugrunde liegenden neurologischen Erkrankung ab. Zu den häufigsten Beschwerden zählen:
- Schmerzen: Lokal im Fuß oder Sprunggelenk, oft auch ausstrahlend in Knie, Hüfte oder Rücken. Ursache sind ungleichmäßige Belastung, Überbeanspruchung oder Druckstellen.
- Eingeschränkte Beweglichkeit: Fehlstellungen führen zu einer verminderten Beweglichkeit im Fuß- und Sprunggelenk, was das Gangbild erheblich beeinträchtigt.
- Gangunsicherheit und Stürze: Ein gestörtes Gangbild durch Muskelschwäche oder Spastik erhöht das Sturzrisiko.
- Druckstellen, Hornhaut und Schwielen: An abnormal belasteten Stellen bilden sich Hornhaut oder Schwielen; bei Sensibilitätsstörungen können daraus schlecht heilende Wunden (Ulzerationen) entstehen.
- Probleme beim Schuhkauf: Herkömmliche Schuhe passen oft nicht mehr, was zu Einschränkungen im Alltag und sozialen Leben führt.
- Deformitäten der Zehen: Krallen- oder Hammerzehen treten häufig als Begleiterscheinungen auf und verursachen zusätzliche Beschwerden.
Diese Symptome können die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten erheblich mindern und bedürfen einer umfassenden medizinischen Abklärung.
Diagnostik
Eine exakte Diagnose erfordert einen interdisziplinären Ansatz und eine gründliche Untersuchung:
- Anamnese: Ausführliche Befragung zu Beschwerden, Beginn, Verlauf, Vorerkrankungen und familiärer Vorgeschichte.
- Klinische Untersuchung: Inspektion und Palpation des Fußes, Überprüfung der Beweglichkeit, Muskelkraft, Sensibilität und Gangbildanalyse.
- Neurologische Untersuchung: Prüfung der Reflexe, Sensibilität, Motorik und gegebenenfalls spezieller Nervenfunktionstests.
- Elektrophysiologische Diagnostik: Messung von Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und Elektromyographie (EMG) zur Beurteilung der Nerven- und Muskelfunktion.
- Bildgebende Verfahren: Röntgenaufnahmen im Stehen zur Beurteilung der knöchernen Strukturen und Gelenkstellungen.
- Magnetresonanztomographie (MRT) zur Darstellung von Muskeln, Sehnen und Nerven.
- Computertomographie (CT) bei komplexen Fehlstellungen oder präoperativer Planung.
Die Kombination dieser Untersuchungen ermöglicht eine genaue Klassifizierung der Fehlstellung und bildet die Basis für eine individuelle Therapie.