Harnsteinleiden (Urolithiasis)
Das Harnsteinleiden, medizinisch als Urolithiasis bezeichnet, ist eine weit verbreitete urologische Erkrankung, die durch die Bildung von festen Konkrementen, den sogenannten Harnsteinen, innerhalb der ableitenden Harnwege gekennzeichnet ist. Diese Steine können in verschiedenen Abschnitten des Harntraktes entstehen und dort verweilen, mit dem Harnstrom wandern oder zu erheblichen Beschwerden und Komplikationen führen. Die Prävalenz von Harnsteinleiden ist in den westlichen Industrienationen steigend, wobei Faktoren wie Ernährung, Lebensstil und genetische Prädisposition eine maßgebliche Rolle spielen. Eine adäquate Erkennung, Diagnose und Therapie dieser Erkrankung ist essenziell, um Schmerzfreiheit zu gewährleisten, Nierenfunktionsstörungen vorzubeugen und die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu erhalten.
Was versteht man unter Harnsteinleiden (Urolithiasis)?
Urolithiasis beschreibt die pathologische Ansammlung von kristallinen Strukturen, die sich aus Bestandteilen des Urins bilden und zu makroskopisch sichtbaren Steinen aggregieren. Diese Harnsteine können in ihrer Größe variieren, von winzigen Kristallen bis zu Konkrementen, die ganze Nierenbeckenkelch-Systeme ausfüllen. Je nach ihrer chemischen Zusammensetzung werden verschiedene Steinarten unterschieden, darunter Kalziumoxalatsteine (am häufigsten), Harnsäuresteine, Struvitsteine (infektionsbedingt) und Zystinsteine (genetisch bedingt).
Die Bildung von Harnsteinen ist ein komplexer Prozess, der eine Übersättigung des Urins mit steinbildenden Substanzen, eine verminderte Konzentration von Steinbildungshemmern sowie die Anwesenheit von Kristallisationskeimen erfordert. Einmal gebildet, können Harnsteine asymptomatisch bleiben oder, insbesondere bei Bewegung oder Obstruktion, eine akute Symptomatik hervorrufen.
Harnsteinleiden (Urolithiasis)-Behandlung
Therapieansätze bei HarnsteinleidenDie Behandlung des Harnsteinleidens richtet sich nach Größe, Lage und Art der Steine, der Schwere der Symptome sowie dem allgemeinen Gesundheitszustand der Patientin bzw. des Patienten. Ziel ist es, den Stein zu entfernen, die Schmerzen zu lindern und Komplikationen vorzubeugen.
Konservative Behandlung
Die konservative Therapie kommt bei kleineren Steinen zum Einsatz, die voraussichtlich spontan abgehen werden, oder bei asymptomatischen Nierensteinen.
- Schmerztherapie: Akute Schmerzen, insbesondere bei einer Nierenkolik, werden mit potenten Schmerzmitteln (Analgetika) behandelt. Dabei kommen oft nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder Opioide zum Einsatz.
- Flüssigkeitszufuhr: Eine erhöhte Trinkmenge fördert den Harnfluss und kann den spontanen Steinabgang unterstützen.
- Medikamentöse Expulsionstherapie (MET): Alphablocker können die Muskulatur des Harnleiters entspannen und so den Abgang kleinerer Harnleitersteine erleichtern.
- Abwarten („Watchful Waiting“): Bei kleinen, symptomlosen Nierensteinen kann ein abwartendes Management mit regelmäßigen Kontrollen ausreichend sein, solange keine Nierenfunktionsstörung oder Infektion vorliegt.
- Metabolische Therapie: Bei identifizierten metabolischen Ursachen (zum Beispiel Hyperkalziurie, Hyperurikosurie) kann eine medikamentöse Therapie in Kombination mit diätetischen Anpassungen die Steinbildung hemmen.
Operative Behandlung
Wenn ein spontaner Steinabgang unwahrscheinlich ist, starke Symptome bestehen, Komplikationen auftreten oder die Nierenfunktion gefährdet ist, werden invasive Verfahren zur Steinentfernung angewendet.
- Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL): Dies ist ein nicht invasives Verfahren, bei dem Stoßwellen von außen auf den im Körper befindlichen Stein gerichtet werden. Die Stoßwellen zertrümmern den Stein in kleinere Fragmente, die dann mit dem Urin abgehen können. Die ESWL wird häufig bei Nierensteinen und oberen Harnleitersteinen angewendet.
- Ureterorenoskopie (URS): Hierbei wird ein dünnes und flexibles oder starres Endoskop über die Harnröhre und die Blase in den Harnleiter eingeführt. Unter direkter Sicht können Harnleitersteine mit Greifzangen entfernt oder mit einem Laser (zum Beispiel einem Holmium-Laser) zerkleinert werden. Die Fragmente werden anschließend ausgespült oder geborgen. Bei Bedarf kann eine Harnleiterschiene (DJ-Stent) eingelegt werden, um den Harnabfluss zu gewährleisten.
- Perkutane Nephrolitholapaxie (PCNL): Dieses minimalinvasive Verfahren wird bei größeren Nierensteinen (in der Regel über 2 cm) oder komplexen Steinen eingesetzt. Über einen kleinen Hautschnitt in der Flanke wird ein Zugang direkt zur Niere geschaffen, durch den ein Nephroskop eingeführt wird. Der Stein wird dann direkt zerkleinert und entfernt.
- Offene Operation: Offene chirurgische Eingriffe zur Steinentfernung sind heutzutage aufgrund der Fortschritte in den minimalinvasiven Techniken sehr selten und nur in Ausnahmefällen (zum Beispiel bei komplexen Anatomien oder Misserfolg anderer Verfahren) indiziert.