Lateropulsion und Retropulsion

Räumliche Körperorientierungsstö- rungen

Die gestörte Wahrnehmung der Körperorientierung im Raum kann zum Schrägstellen des Körpers in Bezug auf die objektive Vertikalität und damit zu Instabilität und Stürzen führen. Weicht der Körper dabei zur Seite ab, spricht man von Lateropulsion; weicht er nach hinten ab, so wird das Retropulsion genannt. Ein Teil der Betroffenen drückt beim Versuch der Aufrichtung immer wieder in die falsche Position zurück, was dann als Pusher-Symptomatik bezeichnet wird.

Latero- und Retropulsion kommen bei verschiedenen neurologischen Krankheitsbildern, insbesondere auch beim Schlaganfall und bei neurodegenerativen Bewegungsstörungen (z. B. Parkinson) häufig vor und erschweren Therapie und Rehabilitation der Betroffenen.

Inhalte der Studie

In Kooperation mit dem Deutschen Schwindel- und Gleichgewichtszentrum der LMU München (DSGZ) konnten wir zeigen, wie sich Abweichungen der vertikalen Körperposition und der Wahrnehmung der Körperorientierung messen lassen. Die Bestimmung der sogenannten „Subjektiven Posturalen Vertikale“ (SPV) zeigt, dass Betroffene mit einer Lateropulsion eine verschobene Wahrnehmung in der Frontalebene zeigen, während diese bei Betroffenen mit Retropulsion in der Sagittalebene gestört ist. Die SPV ergänzt komplementär die schon länger verwendete „Subjektive Visuelle Vertikale“ (SVV).

Wir haben weiter untersucht, welche Hirnregionen und zentralen Netzwerke für die Wahrnehmung der Vertikalität wichtig sind und welche Läsionen mit lang anhaltenden Störungen assoziiert sind. Dabei hat sich gezeigt, dass die zentrale sensorische Signalverarbeitung entscheidend ist, um zu wissen, was senkrecht ist.

 

 

 

 

Retro- und Lateropulsion

Neben der Pathophysiologie und Diagnostik ist auch die Therapie von Körperorientierungsstörungen Inhalt des Projektes. Für die Lateropulsion konnten wir u. a. in einer randomisiert kontrollierten Studie positive Effekte eines intensiven, roboterunterstützten Gangtrainings auf die Rückbildung der Lateropulsion nachweisen.

Die Retropulsion war bisher noch wenig erforscht, obwohl sie im höheren Alter und bei neurologischen Erkrankungen (Parkinson, Normaldruckhydrozephalus) regelmäßig vorkommt. Es fehlten validierte Assessments zur Diagnostik. Im Rahmen dieses Projektes haben wir eine internationale Delphi-Studie koordiniert und eine klinische Skala zur Quantifizierung der Retropulsion entwickelt. Die „Skala für Retropulsion“ (SRP) ist inzwischen in die klinische Diagnostik der Klinik integriert. Eine Datenanalyse zu Häufigkeit und klinischer Relevanz von Retropulsion in der neurologischen Rehabilitation findet gegenwärtig statt.

 

 

Projektmitarbeiter:

 

Dr. Jeannine Bergmann

Prof. Klaus Jahn

Dr. Friedemann Müller

Dr. Carmen Krewer

Lisa-Marie Huber, M.Sc.