Schlafverhalten und Gedächtnisbildung 

bei Patientinnen und Patienten mit schweren Bewusstseinsstörungen

 

Förderung: DeutscheForschungsgemeinschaft (DFG),Else Kröner-Fresenius-Stiftung

Projektlaufzeit: 36 Monate

Partner: Eberhard Karls Universität Tübingen

Design: randomisierte, kontrollierte Studie

 

Einschränkungen bei Hirnschädigungen

Akute traumatische oder nicht traumatische Hirnschädigungen können zu schweren Einschränkungen der Wachheit und Wahrnehmung führen. In der Differenzialdiagnostik von Bewusstseinsstörungen (Disorders of Consciousness; DoC) werden chronische Zustände reaktionsloser Wachheit (Unresponsive Wakefulness Syndrome; UWS) von Zuständen des minimalen Bewusstseins (Minimally Conscious State; MCS) unterschieden. Patientinnen und Patienten mit minimalem Bewusstsein zeigen durch inkonsistente, aber reproduzierbare Verhaltensmerkmale ein deutliches Selbst- oder Umweltbewusstsein. Bei UWS-Patientinnen und -Patienten hingegen werden lediglich reflektorische Reaktionen auf simple Reize beobachtet. Zur Beurteilung kognitiver Kompetenzen von DoC-Patientinnen und -Patienten werden diese Verhaltensmerkmale in der klinischen Praxis anhand von Diagnoseskalen, wie zum Beispiel der Coma Recovery Scale-Revised (CRS-r), systematisch evaluiert. Das Ergebnis der Erhebung hängt jedoch stark von den motorischen und sprachlichen Fähigkeiten der Patientinnen und Patienten ab, was häufig zu einer Unterschätzung der tatsächlich erhaltenen Fähigkeiten führt.

Forschungslage und Ziele der Studie

Es gibt nur wenige Veröffentlichungen, die Auskunft über das Ausmaß der verbliebenen Lernfähigkeit von DoC-Patientinnen und -Patienten geben. Dies steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass therapeutische Rehabilitationsmaßnahmen seit jeher wesentlich auf der Annahme basieren, dass eine Lernfähigkeit bei DoC-Patientinnen und -Patienten erhalten sei. Dieser Widerspruch kann zu undifferenzierten therapeutischen Maßnahmen und zu erheblichen Defiziten in der Prognose des funktionellen Outcomes der Betroffenen führen.

Ein besonders relevanter neurophysiologischer Prozess des Lernens und der Gedächtnisbildung bei Gesunden ist der Schlaf. Es wird vermutet, dass neue Informationen als Gedächtnisspuren enkodiert, während des Schlafes reaktiviert und durch neuroplastische Mechanismen konsolidiert werden, was mit einer verbesserten Lernleistung einhergeht. Im vorangegangenen Projektteil wurde festgestellt, dass fast alle DoC-Patientinnen und -Patienten behavioriale und elektrophysiologische Anzeichen von Schlaf zeigen und dass die Patientengruppen (UWS/MCS) anhand von Unterschieden in der Verteilung der Schlafphasen und Schlafspindeln charakterisiert werden können.

Um Forschungslücken zu schließen, ist das Hauptziel des zweiten Projekts, einen möglichen positiven Einfluss von Schlaf und neurophysiologischen Schlafkomponenten auf Gedächtniskonsolidierung und Lernen bei Patientinnen und Patienten mit Bewusstseinsstörungen zu untersuchen. Wie beim vorherigen Projekt wird auch diese Studie in Kooperation mit der Universität Tübingen durchgeführt.