Dr. phil Matthias Hösl
Leitung Gang- und Bewegungsanalyselabor
Das seit April 2019 etablierte Gang- und Bewegungsanalyselabor der Schön Klinik Vogtareuth ist mit einem Infrarotkamerasystem 3D Vicon (12 × Vero / 2 × Vue Kameras, Vicon Inc.), zwei Kraftmessplatten (AMTI Optima, AMTI Inc.) und einer Druckverteilungsmessplatte (Zebris FDM 2) ausgestattet.
Zusätzlich steht eine drahtlose 12-Kanal-Oberflächen-Elektromyographie (Aktos-Sensoren, Myon AG) zur nichtinvasiven Messung der Muskelaktivität während der Bewegung zur Verfügung.
Im Gegensatz zur konventionellen Videoanalyse können wir den Bewegungsablauf computergestützt in 3D und en détail modellieren und quantifizieren, damit also datenbasiert objektiv erfassen. So wird die Bewegung anhand von kinematischen Parametern wie Gelenkwinkeln oder kinetischen Messgrößen instrumentell genau untersucht. Von besonderem Interesse sind hier auch die Bodenreaktionskräfte oder die Druckverteilung unter dem Fuß beim Gehen und Laufen.
Der Vorteil liegt vor allem auch in der Erfassung nicht sichtbarer Funktionen (zum Beispiel Muskelaktivität, Muskelkoordination, Gelenkdrehmomente und Gelenkleistungen). Die Posturographie zur Ermittlung der Funktionsfähigkeit der Gleichgewichtsregulation wird auch eingesetzt, um mithilfe einer Messplattform das Schwingungsverhalten und die Lastverteilung als Indikator für Balance und Stabilität zu testen.
Die Gang- und Bewegungsanalyse liefert somit essenzielle Zusatzinformationen zu unseren konventionellen diagnostischen Verfahren. Der große Benefit liegt zum einen in der quantitativen und objektiven Erfassung der Bewegung und zum anderen in der nichtinvasiven, strahlungsfreien Methode.
Diese Daten werden verarbeitet und analysiert, um zu verstehen, wie eine Krankheit oder ein muskuloskelettales Defizit die Funktion beeinträchtigt, woher etwaige Schmerzen kommen und wie wir eingreifen können, um zu helfen. Die verschiedenen Analysemethoden ergänzen sich dabei. So werden die Diagnosen optimiert, Therapien und Hilfsmittelversorgungen geplant sowie deren Effekte evaluiert.
Im Labor werden Gang- und Bewegungsauffälligkeiten von orthopädischen und neurologischen Patientinnen und Patienten detailliert messtechnisch analysiert, die Diagnostik unterstützt, Therapien und Hilfsmittelversorgungen geplant sowie deren Effekte evaluiert.
Die Ganganalyse ist ein wesentlicher Bestandteil in der klinischen Diagnostik des Bewegungsapparates und des Nervensystems und dient als eine der Grundlagen für Therapieentscheidungen, Verlaufskontrollen sowie Hilfsmittelversorgungen (zum Beispiel mit Orthesen und Prothesen) in der Behandlung und Rehabilitation unserer Patientinnen und Patienten.
Eine umfassende Bewertung des Gehens und Laufens kann helfen, Bewegungsdefizite oder Schwächen und Fehlbelastungen zu erkennen. Sobald diese Probleme isoliert sind, können sie gezielt behandelt werden.
Diese detaillierten Informationen werden von einem Team von Experten ausgewertet, darunter Spezialisten für Orthopädie, Neurologie, Rehabilitation, Physiotherapie oder Orthopädietechnik, um Entscheidungen über die Behandlung zu treffen.
Eine postoperative Analyse kann ebenfalls durchgeführt werden, um die Ergebnisse der verschiedenen Verfahren zu bewerten und dem Operationsteam sowie den Patientinnen und Patienten wichtige Rückmeldungen für die zukünftige Behandlung zu geben.
Aktuell sehen wir Kinder und Erwachsene mit orthopädischen, neuroorthopädischen oder neurologischen Grunderkrankungen der Abteilung für Kinderorthopädie, Neuropädiatrie sowie erwachsene Reha-Patientinnen und -Patienten, hier vorwiegend neurologische Patientinnen und Patienten, zum Teil mit zusätzlichen orthopädischen Auffälligkeiten (zum Beispiel Fußdeformitäten) unterschiedlicher Diagnosen.
Dabei handelt es sich im Bereich der Kinder zum Beispiel um Patientinnen und Patienten mit Minderwuchs, mit idiopathischen oder syndromalen Achs- und Torsionsfehlstellungen, mit Beinlängendifferenzen, zum Beispiel aufgrund muskuloskelettaler Deformitäten und Fehlbildungssyndromen, mit neurologischen und idiopathischen Fußdeformitäten, wie zum Beispiel Knick-Senk-, Klump- oder Hohlfuß sowie um Patientinnen und Patienten mit Muskelerkrankungen oder angeborener Gelenksteife.
Dazu bilden Patientinnen und Patienten mit angeborenen oder erworbenen Schädigungen des zentralen Nervensystems einen großen Schwerpunkt. Hierzu zählen u. a. Cerebralparesen, Beeinträchtigungen durch Tumore, Schädel-Hirn-Traumata oder Schlaganfälle, die zum Beispiel spastische oder andere Formen von Bewegungsstörungen aufweisen.
Im Folgenden finden Sie einige nützliche Kurzinformationen zur Ganganalyse:
Wo? Die Analyse erfolgt im Ganglabor (Raum -1.063 / im Untergeschoss des OP-Neubau). Wenn Sie sich bereits in unserer Klinik befinden, ist der Weg zum Labor von der Eingangshalle aus bestens beschildert.
Warum? Die Analyse ist für die Diagnostik des Bewegungsapparates und des Nervensystems äußerst wichtig und dient als Grundlage für Therapieentscheidungen, Verlaufskontrollen und Hilfsmittelversorgungen.
Ablauf? Die Ganganalyse dauert mit Vorbereitung und jederzeit möglichen Pausen ca. zwei Stunden. Bei Kindern dürfen Eltern selbstverständlich anwesend sein. Sie beinhaltet mehrmaliges Gehen auf einer ebenen Strecke, ggf. auch schnelles Gehen, Joggen oder das Steigen über eine kleine Treppe.
Wie? Für die Messung werden 20 bis 30 reflektierende Plastikkugeln (sog. Marker) auf die Haut an Fuß, Bein, Becken und Oberkörper geklebt. Dabei wird hautfreundliches Klebeband aus dem medizinischen Bereich verwendet. Die Kügelchen werden von Hochgeschwindigkeitskameras per Infrarot erfasst und Messplatten im Boden registrieren Kräfte und Drücke. Auf diese Weise können die Bewegungen am Computer detailliert modelliert und analysiert werden.
Zudem kann auch die Muskelaktivität oberflächlich (nichtinvasiv) mit selbstklebenden Elektroden aufgezeichnet werden, um den Aktivierungsgrad und das Timing der Muskeln zu messen. Zusätzlich werden eine Fotodokumentation durchgeführt und die Gelenkbeweglichkeit und Kraft im Rahmen einer schmerzfreien körperlichen Untersuchung erfasst. Die Ganganalyse erfolgt ohne Strahlenbelastung und ohne Nebenwirkungen. Lediglich beim Entfernen der Aufkleber und Elektroden kann es wie bei einem kleinen Pflaster etwas ziehen.
Vorbereitung? Falls vorhanden, bitte unbedingt Hilfsmittel (Walker, Stöcke etc.), Orthesen, Einlagen oder orthopädische Schuhe mitbringen. Zusätzlich zu Orthesenschuhen auch immer flache, feste Schuhe (zum Beispiel Sport- oder Straßenschuhe) mitbringen. Diese sollten nicht über den Knöchel reichen. Am Tag der Messung bitte nicht eincremen. Um die Kugeln direkt anbringen zu können, ist es notwendig, die Kleidung bis auf die Unterwäsche (bzw. Badehose oder Bikini) abzulegen. Die Haare bitte zusammenbinden oder hochstecken. Ein Unterhemd kann getragen werden, wobei wir dieses evtl. etwas nach oben kleben, damit die Kugeln auch am Becken sichtbar sind.
Kontakt:
Dr. phil Matthias Hösl
Leitung Gang- und Bewegungsanalyselabor
MSc Fundamental & Clinical Human Movement Science
Tel.: +49 8038 90-4556
E-Mail
Das Team des Ganglabors präsentiert seine Arbeit nicht nur auf großen internationalen Kongressen, sondern beteiligt sich auch durch eine rege Publikationstätigkeit am aktuellen Forschungsdiskurs.
Eine aktuelle Publikationsliste finden Sie hier.
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