Prof. Dr. Andrés Ceballos-Baumann
Facharzt für Neurologie
Lautet die Diagnose Parkinson, ist dies für Betroffene ein regelrechter Schock. Aber auch wenn diese chronische Nervenerkrankung nicht heilbar ist, können wir Sie dabei unterstützen, Ihre Lebensqualität langfristig zu bewahren. Wichtig ist eine passgenaue Therapie, die das Augenmerk auf Ihre speziellen und aktuellen Bedürfnisse richtet.
Unser Team aus ärztlichem, therapeutischem und pflegerischem Personal in den Schön Kliniken hat langjährige Erfahrung in der Parkinsonbehandlung. Gerne begleiten wir Sie auf dem Weg, Ihre Selbstständigkeit zu erhalten.
Bei der Diagnose Parkinson-Erkrankung setzen wir in der Schön Klinik München Schwabing auf bewährte und innovative Behandlung. Diese basiert auf einem individuellen Mix aus optimal eingestellten Medikamenten, aktivierenden Therapien (wie zum Beispiel Physiotherapie, Logopädie oder Gangtraining) und pflegerischer Versorgung. Das Ziel der Experten in unserer zertifizierten Parkinson-Fachklinik ist dabei immer, den Verlauf Ihrer Erkrankung positiv zu beeinflussen, und damit eine möglichst dauerhaft verbesserte Lebensqualität mit möglichst wenigen Beschwerden in jedem Stadium der Erkrankung für Sie zu erreichen.
Als Alternative zur vollstationären Behandlung steht Ihnen auch unsere Neurologische Tagesklinik für Parkinson-Patienten zur Verfügung sowie zur Beratung und Diagnose die Ambulanz für Bewegungsstörungen. In einzelnen Fällen ist auch die Therapie mit Medikamenten-Pumpen und die Neurostimulation als Tiefe Hirnstimulation möglich.
Unter Parkinson-Syndrom versteht man eine Vielzahl von ähnlichen Erkrankungen, die sich auf gemeinsame Symptome beziehen. Als Morbus Parkinson bezeichnet man hingegen die Erkrankung im engeren Sinne (englisch Parkinson's disease = Erkrankung, Krankheit). Im Deutschen wird vom primärem oder idiopathischem Parkinson-Syndrom (IPS) gesprochen. Andere Formen werden unter atypischem und sekundärem Parkinson-Syndrom zusammengefasst. Dazu gehören u. a. die MSA (Multisystematrophie), die PSP (Progressive supranukleäre Blickparese), das vaskuläre (gefäßbedingte) und das durch Medikamente ausgelöste Parkinson-Syndrom.
Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) führt zu einer Störung der Übertragung von Reizen im Hirn, indem sie die Botenstoff Dopamin-produzierenden Nervenzellen (Neurone) im Gehirn zugrunde gehen lässt. Am deutlichsten zeigt sich dieses Absterben in der „Schwarzen Substanz“ (Substantia nigra) in den Basalganglien, dem „Keller des Gehirns“. Die Folge ist ein Mangel am Botenstoff Dopamin. Das ist wiederum die Grundlage für die Dopamin-Ersatztherapie.
Der Untergang der Nervenzellen in der Substantia nigra ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass ein Protein namens α-Synuclein nicht richtig abgebaut wird und sich als Lewy-Körperchen (engl.: „Lewy bodies") vor allem in den Nervenzellen anreichert, die in der Substantia nigra den Botenstoff (Neurotransmitter) Dopamin freisetzen. Der Nachweis von Lewy-Körpern im Hirngewebe von Patienten, die zu Lebzeiten an der Parkinson-Krankheit gelitten haben, gehört zur Definition der Krankheit.
Das Hauptsymptom, ohne das kein Parkinson-Syndrom diagnostiziert werden kann, ist die Bewegungsverarmung (Akinese), die gekennzeichnet ist durch eine Bewegungsverlangsamung (Bradykinese) und kleinräumiger werdende Bewegungen (Hypokinese). Muskelsteife (Rigor) oder Ruhezittern (Tremor) oder Gleichgewichtsstörungen (posturale Instabilität) kommen hinzu. Überdies gibt es zusätzliche, nichtmotorische Symptome im vegetativen Nervensystem (z. B. häufiger Harndrang) und in der Psyche (z. B. Depression).
Die Parkinson-Erkrankung beginnt typischerweise mit einer Ungeschicklichkeit einer Hand z. B. einer kleiner werdenden Schrift. Schmerzen und Missempfindungen an einem der Arme sowie eine zunehmende Erschöpfbarkeit können hinzukommen. Einige Parkinson-Patienten werden zunächst als depressiv, überlastet oder vorschnell gealtert von ihrem Umfeld wahrgenommen. Wenn ein charakteristisches Zittern einer Hand in Ruhe auftritt – das allerdings nicht auftreten muss – dann ist die Diagnose einfach und Patienten werden schnell an einen Neurologen verwiesen. Als der Parkinson-Erkrankung vorausgehende Symptome zählen Einschränkungen des Geruchssinnes, Verstopfung, Depression und die REM-Schlafverhaltensstörung. Damit bezeichnet man das Ausleben von Träumen während des Schlafs. Es kann nachts zu lautem Schreien bis hin zum Um-sich-schlagen kommen.
Folgender Selbstcheck zur Früherkennung der deutschen Parkinson-Vereinigung e.V. (DPV) ist hilfreich
1. Kommt es vor, dass Ihre Hand zittert, obwohl sie entspannt aufliegt?
2. Ist ein Arm angewinkelt oder schlenkert beim Gehen nicht mit?
3. Haben Sie eine vorübergebeugte Körperhaltung?
4. Haben Sie einen leicht schlurfenden Gang oder ziehen Sie ein Bein nach?
5. Haben Sie einen kleinschrittigen Gang und kommt es vor, dass Sie stolpern oder stürzen?
6. Leiden Sie an Antriebs- und Initiativemangel?
7. Haben Sie häufig Schmerzen im Nacken-Schultergürtel-Bereich?
8. Haben Sie bemerkt, dass Sie sich von Ihren Freunden und Angehörigen zurückziehen, dass Sie Kontakte meiden und zu nichts Lust haben?
9. Haben Sie Veränderungen in Ihrer Stimme bemerkt? Ist sie monotoner und leiser als früher oder hört sie sich heiser an?
10. Haben Sie eine Verkleinerung Ihrer Schrift bemerkt?
11. Leiden Sie an „innerem Zittern“ oder „innerer Unruhe“?
12. Haben Sie Schlafstörungen?
Diese Checkliste soll Ihnen helfen, ein idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS) früh zu erkennen. Wenn Sie mehr als drei Fragen mit ja beantwortet haben, könnte das ein Hinweis auf erste Krankheitszeichen sein. Welcher Arzt ist dafür zuständig? Ein Parkinson-Krankheit zu diagnostizieren gehört in das Fachgebiet der Neurologie.
Die Diagnose der Parkinson-Syndrome und ihre Zuordnung zu einer bestimmten Art erfolgt klinisch anhand der Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung. Es geht darum, was der Patient und sein Umfeld als Beschwerden berichten und was Neurologinnen und Neurologen beim Betroffenen während der Befunderhebung feststellen. An einem Bluttest und anderen Methoden zur frühzeitigen Diagnose wird geforscht. Apparative Zusatzuntersuchungen wie bildgebende Verfahren, z. B. Positronen-Emissions-Tomographie (PET), Dopamin-Transporter-Szintigrafie (DaTSCAN) und MRT, haben in der Patientenversorgung lediglich einen bestätigenden Charakter. Sie dienen zur Ausschlussdiagnose von Erkrankungen, die mit einem atypischen Parkinson-Syndrom einhergehen (z. B. Normaldruckhydrozephalus). Verzögerungen in der Diagnose treten besonders häufig auf, wenn der Tremor fehlt, wenn die Beine überwiegend betroffen sind und der Beginn vor dem 50. Lebensjahr ist.
Diagnostische Kriterien können Neurologinnen und Neurologen bei der Diagnosestellung leiten. Dabei werden Beschwerden abgefragt, die für den Morbus Parkinson typisch sind und solche die atypisch sind. Daher gibt es den Begriff atypische Parkinson-Syndrome. Für die Parkinson-Krankheit gehört ein gutes Ansprechen auf L-Dopa zur Diagnose. L-Dopa ist ein wesentliches Parkinson-Medikament, das auch als Levodopa bezeichnet wird. Das Ansprechen kann mit einem L-Dopa-Test geprüft werden kann. Bevor man zu dem Schluss kommt, dass kein Ansprechen auf L-Dopa-Präparate vorliegt, sollte die Levodopa-Dosis über einige Wochen in ausreichender Dosierung richtig über den Tag verteilt eingenommen werden.
Nicht typische Symptome, beispielsweise ausgeprägte Kreislaufbeschwerden oder Harninkontinenz bei Krankheitsbeginn, weisen auf ein atypisches Parkinson wie die Multiple Systematrophie hin. Bei Symptomen nur in der unteren Körperhälfte mit Kleinschrittigkeit und Gangblockaden, Festkleben, Freezing ist u. a. an ein hirngefäßbedingtes, vaskuläres Parkinson-Syndrom und einen Normaldruckhydrozephalus zu denken. Die endgültige Diagnose kann nur nach dem Nachweis der typischen Veränderungen im Gehirn gestellt werden. Dazu zählt der Nachweis von Lewy-Körpern in Nervenzellen. Bei seltenen, vererbten Parkinson-Formen kann die Diagnose mittels eines Gentests erfolgen.
Der Morbus Parkinson ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach der Alzheimer-Krankheit, von der mehr als ein Prozent der Bevölkerung ab 65 Jahren betroffen ist. Die Prävalenz wird sich bis zum Jahr 2030 verdoppeln. Sie tritt bei Männern etwas häufiger als bei Frauen auf. Die Vorstellung, dass die Parkinson-Krankheit nur ältere Menschen betrifft, ist falsch. Das Erkrankungsalter liegt bei 25 Prozent der Betroffenen unter 65 Jahren und bei 5 bis 10 Prozent unter 50 Jahren.
Es handelt sich um eine vielschichtige Erkrankung, die einzigartig unter den neurodegenerativen Erkrankungen ist. Sie verläuft langsam fortschreitend über Jahrzehnte. Es kann über 30 Jahre dauern, bis man mit der Krankheit stirbt.
Bei wenigen Patienten sind Ursachen bekannt. Die Zunahme der Häufigkeit kann nur zum Teil durch die Alterung der Bevölkerung, eine höhere Lebenserwartung und durch eine bessere Diagnose erklärt werden. Die altersbereinigte Häufigkeit wächst aber schneller als andere neurologische Krankheiten wie die Multiple Sklerose. Ursachen, die möglicherweise zu diesem Anstieg beitragen, sind Umweltfaktoren wie Pestizide (z. B. Paraquat) oder Chemikalien (z. B. Trichlorethylen), von denen bekannt ist, dass sie für IPS-relevante Strukturen des Nervensystems schädlich sind. Genetische Risikofaktoren für das IPS werden zunehmend als Ursache erkannt. Die Mutation im Glucocerebrosidase-Gen (GBA1) ist der wichtigste Risikofaktor (bei ca. 5 bis 15 % der Patienten). GBA1-Genträger zu sein, erhöht das Risiko, jemals an der Parkinson-Krankheit zu erkranken, um etwa das 8- bis 20-Fache und wird zunehmend als Einschlusskriterium für Phase-2- und Phase-3-Studien mit potenziell verlaufsmodifizierenden Pharmaka verwendet.
Zu den ersten Symptomen gehören Störungen des Magen-Darm-Traktes wie die Verstopfung (Obstipation), ein Verlust des Geruchssinnes (Hyposmie) und die Störungen des REM-Schlafs. Einseitige rheumaähnliche Schulterschmerzen und Depressionen sind auch typisch. Diese Hinweise können der Krankheit vorausgehen. Sie werden als prodromale oder präklinische Symptome bezeichnet.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden im Jahr 2040 die neurodegenerativen Krankheiten die Krebserkrankungen als zweithäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen überholen. In den kommenden 20 Jahren ist mit einer Verdopplung der Zahl der an der Parkinson-Krankheit leidenden Menschen zu rechnen. Wesentlicher Treiber ist die demografische Entwicklung, aber nicht nur. Es finden sich andere Faktoren wie die abnehmende Zahl an Rauchern und die Industrialisierung. Zur Industrialisierung gehören bestimmte Pestizide, Lösungsmittel und Schwermetalle, die mit Parkinson in Verbindung gebracht werden.
Der Verlauf der Krankheit bei den Patienten, die in den ersten Jahren gut auf die Dopamin-Ersatztherapie ansprechen, wird häufig nach 5 bis 15 Jahren durch Wirkungsschwankungen im Tagesverlauf dieser Medikamente geprägt. Wirkungsschwankungen beinhalten Probleme wie „Wearing-Off“. Das bezeichnet die zunehmende Verkürzung der Wirkdauer einer L-Dopa-Dosis im Verlauf. Als „End-of-Dose-Akinesie“ oder Off-Phase beschreibt man die Zunahme der Steifigkeit und den Bewegungsverlust nach ein paar Stunden der guten Dosiswirkung (On-Phase). Im weiteren Verlauf können rasche Wechsel von Symptomen innerhalb kurzer Zeit bei einem Patienten auftreten. In Analogie zu einem Lichtschalter übernehmen selbst viele Patienten den Begriff des On-Off-Phänomens: Normale Beweglichkeit mit und ohne Überbeweglichkeit (Dyskinesien) wechselt mit Bewegungsverlangsamung. Wirkungsschwankungen betreffen neben der Motorik auch Stimmung und Schmerzerleben.
Für diese Langzeitprobleme stehen immer mehr therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung. Hinzu kommt ein neurologisch-neurochirurgisches Verfahren, die tiefe Hirnstimulation (THS, „Hirnschrittmacher“). Parkinson-Patienten tragen zunehmend äußerlich kleine Pumpen, die einen Dopamin-Ersatzstoff gleichmäßig in den Körper infundieren, ähnlich wie Insulinpumpen bei Diabetikern. Außerdem sind Parkinson-Medikament in Pflasterform auf dem Markt.
Aber trotz erheblicher Fortschritte in den Grundlagenwissenschaften und der wachsenden Zahl an Medikamenten dominieren in späten Stadien der Krankheit häufig Symptome wie Sturzneigung, Sprech- und Schluckstörungen sowie nichtmotorische Symptome. Zu den nichtmotorischen Symptomen zählt man eine Vielzahl von Beschwerden wie vermehrter Harndrang, Kreislaufschwindel, Depression, Apathie sowie altersabhängig auch Halluzinationen, Orientierungs- und Gedächtnisstörungen. Diese Probleme sind sowohl medikamentös als auch mit der tiefen Hirnstimulation nicht befriedigend zu behandeln. Die begrenzte Wirksamkeit oder unzureichende Verträglichkeit von vielen Parkinson-Medikamenten sowie der operativen Therapie machen daher ein Behandlungskonzept erforderlich, bei dem aktivierende Therapien (Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie u. a.) eine entscheidende Rolle spielen.
Betroffene beschreiben Dyskinesien mit Begriffen wie Überbewegungen, Bewegungsunruhe, Überfunktion, Zappeln, Wackeln, Wellen, Überstimulation, Tänzeln und Nervosität. Diese sogenannten Peak-Dose-Dyskinesien kommen am häufigsten vor. Sie treten typischerweise auf, wenn die L-Dopa-Spiegel im Blut nach Einnahme einer Dosis ihren Höchstwert erreichen. Es ist wichtig, Peak-Dose-Dyskinesien von Tremor (Zittern) und anhaltenden Muskelverkrampfungen (Dystonie) zu unterscheiden, weil die Behandlung vollkommen unterschiedlich ist. Gering ausgeprägt werden Peak-Dose-Dyskinesien gar nicht wahrgenommen, allenfalls als „Nervosität“, und auch bei mittelgradiger Ausprägung werden diese Dyskinesien meist von Betroffenen nicht als störend erlebt. Selbst stark auftretende Dyskinesien werden als Preis für die Linderung der Parkinson-Symptome von vielen Patienten in Kauf genommen und von ihnen verdrängt. Es sind meist die Ehepartner und Angehörigen, die sich in der Sprechstunde bei Neurologinnen und Neurologen beschweren. Gelegentlich ist es die Scham, aufzufallen und beispielsweise im Theater nicht ruhig sitzen zu können, weshalb Betroffene über Dyskinesien klagen.
Eine ursächliche Behandlung der Parkinson-Krankheit ist bisher nicht möglich, sondern nur eine Linderung der Beschwerden. Nach wie vor ist die Dopamin-Ersatztherapie der wichtigste Baustein in der medikamentösen Therapie der Parkinson-Krankheit. Damit ist die Gabe der Dopamin-Vorläufersubstanz Levodopa und anderer Antiparkinsonika gemeint, die die Wirkung von Levodopa und Dopamin verstärken sowie Dopamin-Agonisten (Dopamin-Nachahmer). Vor allem in den ersten Jahren ist die typische Parkinson-Krankheit durch Medikamente gut behandelbar und ermöglicht vielen Patienten eine weitgehend beschwerdefreie erste Krankheitsphase von einigen Jahren. Den aktivierenden Therapien wie Physio- und Sprechtherapie kommt eine zunehmende Rolle zu, von Anfang an den Verlauf günstig zu gestalten. Neue Entwicklungen mit Krafttraining, Tanzen, Tai Chi und Laufbandtraining kommen hinzu. Die deutschen Leitlinien fordern für alle Patienten in allen Stadien Zugang zu einer zeitlich ausreichenden Physiotherapie.
Der Neurotransmitter Dopamin fehlt bei Morbus Parkinson im Hirn. Dopamin kann die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden, während seine Vorstufe Levodopa das kann. Damit mehr Levodopa im Hirn zu Dopamin verstoffwechselt werden kann, wird sein Abbau außerhalb des Gehirns mit Benserazid oder Carbidopa gehemmt. Diese Zusatzstoffe sind in allen Levodopa-Präparaten enthalten. Levodopa ist so schon seit einem halben Jahrhundert als Antiparkinson-Mittel im Einsatz. Ein gutes Ansprechen gilt als ein wichtiger diagnostischer Hinweis für das Vorliegen des klassischen Morbus Parkinson.
In den ersten Jahren der Levodopa-Einnahme kann die Symptomreduktion so weit gehen, dass Betroffene ihre Krankheit vergessen. Allerdings kommt es nach 5 Jahren bei über 50 Prozent der Patienten zu Wirkungsschwankungen im Tagesverlauf: zunächst zu einer verkürzten Wirkdauer einzelner Levodopa-Gaben, dann zu Dyskinesien und Off-Phasen. Lange Zeit wurde daher diskutiert, ob Levodopa den Krankheitsverlauf beschleunigen könnte.
Große Studien der letzten Jahre bestätigen wieder Levodopa als das wesentliche Parkinson-Medikament. Die Hypothese, das Levodopa „toxisch“ sei und deshalb nur so „spät wie möglich“ eingesetzt werden sollte, ist nicht mehr haltbar. „Don’t delay, start today“ lautete diesbezüglich schon im Jahr 2014 ein Leitartikel zu Levodopa in der anerkannten Fachzeitschrift BRAIN. Levodopas Potenzial ist außerdem längst nicht ausgeschöpft. Levodopa zum Inhalieren (Inbrija® im Jahr 2022 in Deutschland zugelassen) für einen schnellen Wirkeintritt zur Überbrückung von Off-Phasen, Mikropellets zur individualisierten Dosierung mit interaktiven elektronischen Spendern oder eine subkutane Darreichung, die vielleicht noch im Jahr 2023 zugelassen wird, sind einige Beispiele.
Acht verschiedene orale und ein Dopamin-Agonist als Pflaster (Rotigotin) sind für die initiale Monotherapie und als Zusatzmedikation zur Levodopa-Behandlung zugelassen. Die hohe Inzidenz von Ödemen, Halluzinationen und Tagesschläfrigkeit, die geringere Wirkung auf die Lebensqualität im Vergleich zu Levodopa sowie die nicht mehr haltbare Hypothese der Toxizität von Levodopa haben ihre Bedeutung in der Einleitung der medikamentösen Therapie bei neu diagnostizierten Menschen mit Parkinson etwas relativiert. Das erst viele Jahre nach der Zulassung offensichtlich werdende Problem der Impulskontrollstörungen (Sex-, Spiel-, Kaufsucht, Hyperkreativität u. a.) kommt noch hinzu. In der längsten und größten Langzeitstudie zum Risiko der Entwicklung von Impulskontrollstörungen zeigte sich erneut der eindeutige Zusammenhang mit Dopamin-Agonisten. Bei den Patienten ohne Impulskontrollstörungen bei der ersten Untersuchung kam es nach Einstellung auf Dopamin-Agonisten innerhalb von 5 Jahren zu einer Häufigkeit von 52 Prozent an Impulskontrollstörungen. Impulskontrollstörungen ließen langsam nach, wenn die Dopamin-Agonisten abgesetzt wurden.
In den letzten Jahren sind in Deutschland für die Parkinson-Therapie nur zwei neue Substanzen auf den Markt gekommenen, beide mit der Indikation Zusatztherapie zu Levodopa bei Patienten mit Wirkungsschwankungen.
Opicapon (Ongentys®) wurde als dritter COMT-Hemmer (Catechol-O-Methyltransferase-Hemmer) im Jahr 2016 nach Entacapon und Tolcapon zugelassen. COMT-Hemmer (Catechol-O-Methyl-Transferase)-Hemmer reduzieren analog zur Dekarboxylasehemmung zusätzlich den peripheren Abbau von Levodopa und verlängern die Wirkdauer von Levodopa.
Safinamid (Xadago®) kam als dritter MAO-B-Hemmer (Monoamaninooxidase-B-Hemmer) im Jahr 2015 Jahrzehnte nach Selegilin und Rasagalin auf den Markt. Die MAO-B-Inhibitoren potenzieren Levodopa im Hirn und haben isoliert gegeben einen leichten symptomatischen Effekt. Die anfangs postulierte „neuroprotektive“ Wirkung erklärt man mit einer symptomatischen Wirkung durch eine Hemmung des Abbaus von Dopamin im Gehirn.
Amantadin erlebt seit einigen Jahren eine Renaissance, weil es Levodopa-Dyskinesien um etwa 50 Prozent zu dämpfen vermag.
Für typische nichtmotorische Parkinson-Symptome wie z. B. imperativer Harndrang, Kreislaufsymptome (orthostatische Dysregulation) und Depression, werden Medikamente ohne spezielle Parkinson-Zulassung (Off-Label) eingesetzt. Lediglich Clozapin hat eine Zulassung für die durch Medikamente ausgelöste Psychose und Halluzinationen, der Cholinesterasehemmer Rivastigmin für die mit einem Parkinson assoziierte Demenz und lokale Injektionen von Botulinumtoxin in die Speicheldrüsen für den gesteigerten Speichelfluss (Sialorrhoe).
Der Einsatz von gereätegestützten Therapien wie der tiefen Hirnstimulation (THS) und Medikamentenpumpen bei Patienten mit Levodopa-Wirkungsfluktuationen wächst, denn an diesem Punkt des Krankheitsverlaufs angekommen, nehmen Patienten auch invasive Therapien in Kauf. Patienten, die Levodopa mehr als 5-mal täglich benötigen und trotz optimaler Einstellung mit Medikamenten schwere, störende OFF-Phasen (mehr als 2 Stunden am Tag) haben, können prinzipiell diese Therapieoptionen erwägen. Über 90 Prozent der Patienten ziehen es vor, an der Entscheidungsfindung beteiligt zu sein, welche der gerätegestützten Therapien zum Einsatz kommt.
Die tageszeitlichen Schwankungen der Levodopa-Wirkung gelten bei Patienten mit gutem Ansprechen auf das wichtigste Parkinsonmedikament, dem Dopamin-Ersatzstoff, nach etwa sechs Jahren Krankheitsdauer als das am meisten störende Symptom und sind die Hauptindikation für eine gerätegestützte Therapie.
Bei der THS wird ein Hirnkern, in der Regel der Ncl. subthalamicus (STN) beidseits, mittels eines programmierbaren Impulsgebers über Elektroden, die in einer speziellen Operation (Stereotaxie) implantiert werden, präzise hochfrequent stimuliert.
Die noch junge MRT-gesteuerte fokussierte Ultraschallbehandlung (MRgFUS), die eine hitzebedingte Ausschaltung (Thermokoagulation) kleinster Hirnstrukturen ohne Öffnung des Schädels ermöglicht, gilt bisher nur bei essenziellem und anders nicht behandelbarem Parkinson-Tremor als Alternative.
Mit einer Besserung von schlecht auf Levodopa ansprechenden Symptomen wie Stimm-, Sprech-, Schluck-, Gleichgewichts- und Gangstörungen ist bei der tiefen Hirnstimulation nicht zu rechnen. Kontraindikation für die Medikamentenpumpen und THS ist eine Demenz. Bei den Pumpen ist der Ermessensspielraum etwas größer als bei der THS. Bei der THS kommen ernste psychische und somatische Erkrankungen, Hirnatrophie und spezifische neurochirurgische Aspekte als Kontraindikationen hinzu.
Bisher gibt es keine ausreichenden Studien, die direkt Apomorphin-, Levodopa/Carbidopa-Pumpen und die THS miteinander vergleichen. Die Erfahrung legt nahe, dass diese Therapien in der Reduktion von Off-Zeit vergleichbar sind. Die Wahl, welches Therapieverfahren zum Einsatz kommt, basiert vielfach auf Faktoren wie Verfügbarkeit, Wirtschaftlichkeit, lokaler Expertise, Vorlieben von Ärzten und Ängsten von Patienten und ihrer Bezugspersonen. Über 90 Prozent der Patienten zogen es in einer Studie vor, an der Entscheidungsfindung beteiligt zu sein, welche der Geräte unterstütze Therapie bei ihnen zum Einsatz kommen sollte. Doch obwohl sich 77 Prozent zum Zeitpunkt der Entscheidung vollständig informiert vorkamen, kannten nur 41 Prozent alle drei Therapieoptionen. Idealerweise sollte ein „Shared Decision Making“ als Konzept der Patientenbeteiligung gemeinsam mit den Patienten und ihren Bezugspersonen zum Zuge kommen in Zentren, die über Erfahrung in - und mit Zugang zu - allen drei Therapieformen verfügen.
Die folgenden Fragen sollen helfen herauszufinden, wer von gerätegestützten Therapien profitieren kann:
1. Braucht es mehr als 5 Einnahmezeitpunkte von Levodopa pro Tag, um die Symptome zu kontrollieren?
2. Kommt es zu mehr als zwei Stunden pro Tag im Off (Phase schlechter Symptomkontrolle) oder sind mehr als eine Stunde störender Überbewegungen (Dyskinesien) pro Tag zu erdulden?
Zu beachten: Schlecht auf Levodopa ansprechende Symptome wie Stimm-, Sprech-, Schluckstörungen und Gangblockaden (Freezing) lassen sich mit diesen Medikamentenpumpen und tiefer Hirnstimulation nicht behandeln.
Die immer deutlicher werdenden neuroplastischen und neuroprotektiven Auswirkungen körperlicher Aktivität sprechen dafür, aktivierende Therapien bei Parkinson früh im Krankheitsverlauf und nicht erst beim Auftreten relevanter Behinderungen einzusetzen. Nach den S3-Leitlinien der Deutsche Gesellschaft für Neurologie ist der Empfehlungsgrad für die Physiotherapie höher als bei vielen Antiparkinson-Medikamente. Ansätze mit Krafttraining, Tanzen, Tai Chi sowie Laufbandtraining kombiniert mit virtueller Realität und Spielkonsolen („Exergaming“) weisen eine gute Studienevidenz auf. Hinzu kommt, dass die begrenzte Wirksamkeit auf Symptome bei Gleichgewicht, Gehen und Sprechen sowie unzureichende Verträglichkeit von Medikamenten und der tiefen Hirnstimulation im Verlauf ein integriertes Behandlungskonzept gleich zu Beginn der Parkinson-Krankheit erforderlich macht. Dazu gehört von Anfang an aktivierendes Training mit Physiotherapie, Logopädie oder Ergotherapie. Physiotherapie erwies sich beispielsweise als effektiv, Komplikationen wie Stürze, Krankenhauseinweisungen und die Sterblichkeit zu senken. Im Großraum München sollen deshalb Menschen mit Parkinson im Rahmen des Modellvorhabens PaNTher – Parkinson·Netzwerk·Therapie – mit der AOK die Möglichkeit einer spezialisierten Physiotherapie erhalten. Dazu wird ein Netzwerk ambulant tätiger, geschulter Physiotherapeuten mit Spezialgebiet Parkinson aufgebaut.
Zu beachten:
Parkinson Patienten sollten schon früh im Verlauf aktivierende Therapien wie Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie erhalten, idealerweise in einem spezialisierten Netzwerk.